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Etwas Besseres als die Festanstellung finden wir allemal

Dies ist die Website und das Blog zum Buch "Wir nennen es Arbeit – die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung" von Holm Friebe und Sascha Lobo. Das Buch handelt davon, wie eine neue Klasse von Selbstständigen mit Hilfe digitaler Technologien dem alten Traum vom selbstbestimmten Arbeiten in selbstgewählten Kollektivstrukturen ein gutes Stück näher kommt. Das Blog schreibt das Buch fort, gibt Updates zu den einzelnen Kapiteln und informiert über neueste Entwicklungen und Frontverläufe im Kampf um den Individualismus 2.0.

14.12.2006 | 20:05 | Holm Friebe | - Work in Projects

Jugendarbeit, empfohlene

Aus dem ingesamt spannenden 100.000 Euro Job-Projekt der Bundeskultursiftung hervorgegangenen sind "47 jungen Kunstprojekten zum Thema Arbeit" hervorgegangen. Eine gute Handvoll davon wird am morgigen Freitag in Berlin vorgestellt (20 Uhr, Zentrale Randlage), darunter die Filme "Kauf Dich Frei" von Birgit Kribben und "Stille Zukunftserwartungen" von Witja Frank, sowie diverse Installationen, Bilder und eine Podcastoper. Danach geht es in Friedrichshain weiter mit einer "Forschungsreise zu den Alternativen" (ab 21 Uhr, Rote Loge, Simon-Dach-Str. 22). Weil schon auf den Flyern steht, dass wir empfehlen: "Unbedingt hingehen!", empfehlen wir hiermit: Unbedingt hingehen! Sind gespannt und gehen unbedingt selbst hin.


20.11.2006 | 18:07 | Holm Friebe | - Der unflexible Mensch | - Work in Projects

Lob der Unvernunft

Spät, aber doch wollen wir uns der Neuveröffentlichung ZEIT-Campus widmen, die die alte Tante des deutschen Journalismus im Rahmen ihrer Bemühungen um den akademischen Nachwuchs jüngst an die Kioske gebracht hat und die schon allein wegen Zielgruppenüberschneidung in unser Ressort fällt. Und wegen thematischer Nähe: "Immer soll ich vernünftig sein", lautet der Titel (anschaulich illustriert durch eine junge Frau, die unvernünftigerweise beim Trinken die halbe Milch daneben und über sich drüber schüttet). Unterzeile: "Die Suche nach dem perfekten Lebenslauf beherrscht das Studium. Doch zum Erfolg führen auch andere Wege." Sieh mal an! Was gibt es aus dem Innenteil zu vermelden? Die Titelgeschichte nebst Umfrage unter Studenten bestätigen das gewohnt triste Bild der hochqualifizierten, pragmatischen und unter enormen Druck stehenden "Generation Praktikum". Ablöschendes Zwischenfazit: "Die Deutungsmacht über das, was als vernünftig gilt, haben die grossen Unternehmensberatungen. Sie geben vor, was ein Lebenslauf enthalten muss, und prägen dadurch das, was viele für erwartbar halten. Derzeit bedeutet dies: überdurchschnittliche Studienleistungen, Praxiserfahrungen, und ein Aufenthalt im Ausland, dazu Leistungswille, Zielgerichtetheit und Analysefähigkeit." Ergebnis dieses "Lebenslauf-Wettrüstens": für 73 Prozent ist das Studium ganz oder teilweise "eine Zeit, in der ich unter hohem Druck stehe und mich ständig beweisen muss." Dabei haben überraschenderweise nur 26 Prozent der Befragten das feste Ziel, Karriere zu machen. Heisst: Ihnen fehlt schlicht die Idee einer Alternative.

Ansätze dafür finden sich im hinteren Teil des Heftes. Thees Uhlmann von Tomte erklärt im Mensa-Interview: "Die Uni machte mich fertig" und wie er deshalb Musiker wurde. Der Zeit-Finanzkorrespondent Robert von Heusinger hält in seiner Kolumne den Ratschlag "Investieren Sie in Bier!" bereit: "Woher soll die Kreativität kommen, die sich später einmal auszahlen kann, wenn Kino, Theater und Kunstausstellung gestrichen werden, nur um monatlich 30 oder 50 Euro zur Bank zu tragen? Ich zähle selbst das philosophische Gespräch bis morgens um fünf in der Kneipe eindeutig zu den Investitionen." Unsere Rede!

Und genau in diese Kerbe schlägt auch der geschätzte Lord Ralf Dahrendorf im Interview, das man eigentlich am Stück zitieren möchte. Hier nur die Highlights: "Es ist skandalös, wenn inflexible Systeme Menschen in einem ganz bestimmten Bereich festhalten und es ihnen schwer machen, den Weg zu gehen, auf dem sie ihr Bestes geben können." Auf die Frage, ob man einfach das machen soll, was einem Spass macht: "Ja, aber nicht in dem Sinne, in dem das in Zeiten der New Economy gesagt wurde. Spass muss es machen, aber es kommt vor allem darauf an, dass ihr etwas tut, wo ihr euer Bestes geben könnt, wo ihr euch wirklich engagiert, weil es nicht zufällig daherkommt. Die entscheidende Frage ist: Wie will ich sein? Nicht: Was will ich sein." Schliesslich: "Ein Hauptmerkmal der Vernunft ist, dass man nicht mit 22 darauf schielt, möglichst viel Geld zu verdienen, sondern weiter als die nächsten zwei oder drei Jahre denkt. Etwas, das von aussen für die nächsten Jahre als vernünftig angesehen wird, ist auf lange Sicht vielleicht unvernünftig." Bingo! Von den Alten lernen heisst, die digitale Bohème verstehen lernen.


09.10.2006 | 15:01 | Sascha Lobo | - Work in Projects

Businessplanlosigkeit

Im Kapitel "Work in Projects" gibt es eine Zwischenüberschrift, die heisst Businessplanlosigkeit. Sie handelt davon, keinen Businessplan zu haben, erstmal anzufangen und dann zu sehen, wohin die Reise geht. Im Blog Fischmarkt gibt es dazu ein kurzes Statement von Matthias Schrader, Gründer von SinnerSchrader: "Einen Businessplan braucht man immer dann, wenn man Geld ausgeben will, das man nicht hat." Das ist lustig, auf eine Art, und wenn man das Zitat zweimal um den eigenen Sinn wickelt, dann kommt heraus, was man sich schon dachte: eventuell gut funktionierende Kleingeschäftsmodelle verheddern sich in völlig unproduktiven Scheinaktivitäten, wenn sie versuchen, die Instrumente der Grossen nachzuahmen.


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