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Etwas Besseres als die Festanstellung finden wir allemal

Dies ist die Website und das Blog zum Buch "Wir nennen es Arbeit – die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung" von Holm Friebe und Sascha Lobo. Das Buch handelt davon, wie eine neue Klasse von Selbstständigen mit Hilfe digitaler Technologien dem alten Traum vom selbstbestimmten Arbeiten in selbstgewählten Kollektivstrukturen ein gutes Stück näher kommt. Das Blog schreibt das Buch fort, gibt Updates zu den einzelnen Kapiteln und informiert über neueste Entwicklungen und Frontverläufe im Kampf um den Individualismus 2.0.

19.02.2007 | 09:21 | Holm Friebe | - Money For Nothing

Berliner Ökonomie, Karneval

Man weiss nicht genau, ob man sich eher freuen sollte, oder ernsthaft Sorgen machen muss, wenn man erfährt, dass der Berliner Finanzsenator und Powerpoint-Afficionado Thilo Sarrazin (SPD) von seinen Mitarbeitern aus der Finanzadministration "Wir nennen es Arbeit" zum 62. Geburtstag geschenkt bekommen hat. Lieber als die neue Spiegel-Titelgeschichte über "Second Life" liest man es allemal, für die sich – theoretisch flankiert von der Kultur-Herrenriege Matussek, von Uslar und Oehmke – die frisch gebackene Spiegel-Redakteurin (von der im Editorial und in der Geschichte selbst mit einigem Besitzerstolz mehrfach betont wird, dass es sich bei ihr nunmehr um eine Spiegel-Redakteurin handelt) Rebecca Casati ins Geschehen gestürzt hat. Während Casati von ihren dilettantischen Gehversuchen berichtet, gelingt es dem Umfeld umstandslos, "Burkatragende Frauen", Günter Guillaume und Christian Klar in die Geschichte hineinzugeheimnissen – alles unter dem tagesaktuellen Rubrum, dass "Second Life" ja so etwas wie andauernder Karneval sei, und Karneval ja etwas mit Masken, Tarnung und Verstellung zu tun hätte. Von Odysseus geht es bildungsbürgerlich hubernd und assoziationskettenmassakerartig weiter über Foucaults "Gesicht im Sand", den unvermeidlichen Baudrillard bis hin zum Epilog mit Günther Anders: "SPIEGEL-Redakteurin Casati erlebte das, was der Philosoph Günther Anders in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts als 'prometheische Scham' definierte: Unsere Geschöpfe, unsere technologischen Potentiale sind uns weit voraus. Sie frustrieren uns. Sie stellen uns bloss." Vielleicht erlebte Casati aber auch einfach nur hautnah, was es heisst, im Kulturressort des Spiegel angekommen zu sein.


09.11.2006 | 12:21 | Holm Friebe | - Bohème und Big Business | - Money For Nothing

Jetzt alle Mann in die MMORPGs!


Willkommen demnächst in "Second Life"
Es ist ein bisschen, als seien alle Excel-Sheet-Fresser und Business-Zombies der New-Economy, die mit dem Platzen der Blase vor fünf Jahren in Leichenstarre verfielen, mit einem Mal wieder hochgeschreckt und durch das Zauberwort "Web 2.0" zu neuem Leben erweckt worden. Überall herrscht rege Geschäftigkeit, es wird wieder mit Venture Capital um sich geworfen und alle wollen etwas vom – diesmal Web 2.0 genannten – Kuchen abhaben, was dazu führt, das ansonsten nüchterne und hard-facts-orientierte BWLer sich mit einmal in den virtuellen Welten von "Second Life" und anderen MMORPGs tummeln und sich verwundert die Augen reiben, was da hinter ihrem Rücken so alles entstanden ist, während sie noch dem so genannten E-Commerce nachtrauerten.

Douglas Coupland, der mit Microserfs schon frühzeitig die Schattenseiten der New Economy beschrieb, hat passenderweise mit Jpod kürzlich das nötige Update geliefert. Die Softwarefirma aus Microserfs ist in Jpod nun eine Gaming-Klitsche, sonst hat sich nicht viel geändert. Dazu passt, dass nun nach American Apparel und Adidas auch die Bild-Zeitung grossspurig ankündigt, demnächst, bzw. quasi ab sofort eine wöchentliche Boulevardzeitung für "Second Life" herauszubringen.

Zwar ist das ungefähr genau das, worauf die Bewohner gerade noch gewartet haben. Und zwar hat vermutlich bei Bild/Springer bislang kaum jemand einen blassen Schimmer, wie es in Second Life zugeht und was dort geht und nicht geht. Aber irgendwie muss es ja gehen, "die anderen machen es schliesslich auch" (Loriot). Andererseits, so wie die Bild-Zeitung momentan funktioniert – mit ca. 150 Darstellern und Ex-Promi-Avataren, die als willfährige Marionetten von Kai Diekmann hochgezogen und fallengelassen werden, wird ein Republiktheater aufgeführt, das nur noch entfernt mit der realen Welt dort draussen zu tun hat – hat man bei Bild durchaus Erfahrungen mit Parallelwelten und Zweitrealitäten. Von daher ist der Schritt am Ende vielleicht doch nicht so gross.


19.10.2006 | 12:52 | Sascha Lobo | - Das Prinzip Bohème | - Place Does Matter | - Money For Nothing

Notizen aus dem digitalen Alltag

Vollständige Liste sämtlicher Unternehmen, die 2006 keine Filiale in Second Life eröffnen werden:
- World of Warcraft
- Edelman
- Kachel-Werner in der Augsburger Strasse

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Ich könnte es googeln, das gibt es also bereits unter Umständen, ich möchte mich aber beschweren, weshalb keiner der Digitalfotoapparathersteller Bluetooth in seine Kamera einbaut, damit das Übertragen endlich drahtlos geht. Wollen sie am Ende nur ihre überteuerten Speicherkarten verkaufen? Ich wäre schockiert.

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WIRKLICH überall im Netz arbeiten.
Gestern das erste Mal jemanden in der U-Bahn gesehen mit Laptop, der vermittels einer UMTS-Karte im Netz war. Man fühlt sich vorne dran und ist doch nur mitten drin. Wenn überhaupt. Es war in der Berliner Linie 8 gegen 22.15 zwischen Moritz- und Alexanderplatz. Ein älterer Herr. Ich habe um Fotoerlaubnis gefragt, er hat sie mir erteilt und beim Weggehen habe ich auf seinen Screen gelugt: ein Webmailer. Das nur für die Nachwelt, wenn später irgendjemand fragen sollte, wie alles anfing, bzw. aufhörte.


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