Titelbild

Etwas Besseres als die Festanstellung finden wir allemal

Dies ist die Website und das Blog zum Buch "Wir nennen es Arbeit – die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung" von Holm Friebe und Sascha Lobo. Das Buch handelt davon, wie eine neue Klasse von Selbstständigen mit Hilfe digitaler Technologien dem alten Traum vom selbstbestimmten Arbeiten in selbstgewählten Kollektivstrukturen ein gutes Stück näher kommt. Das Blog schreibt das Buch fort, gibt Updates zu den einzelnen Kapiteln und informiert über neueste Entwicklungen und Frontverläufe im Kampf um den Individualismus 2.0.

20.04.2008 | 17:44 | Holm Friebe | - Der unflexible Mensch | - Money For Nothing

Ruckwärtsgewandt

Nils Minkmar heute in der FAS über die jüngste Ruckwärtsrolle von Roman Herzog et al.:

Das Land ist viel weiter und zum Glück auch spannender als diese Reflexion darüber. Jugendliche, die auf eBay mit den von chinesischen Gamern errungenen Punkten für "World of Warcraft" handeln, die auf Youtube ihre Brickfilme vergleichen und aufwendige Kurzfilme in ihre Blogs stellen, werden Belehrungen, dass sie ja pünktlich und sauber beim Meister erscheinen müssen, sonst wird es nichts mit der Lebenszeitstellung bei Daimler, nur noch als kultige Schrulle zu schätzen wissen.

Guter Punkt. Bis auf, dass man auf eBay, soweit wir wissen, keine Punkte aus "World of Warcraft" handelt, sondern wenn, dann Gold, Waffen oder ganze Characters.


30.04.2007 | 10:10 | Holm Friebe | - Money For Nothing

Auf der Strasse stehen

Hinaus zum 1. Mai! Logisch. Aber wohin? Als dritter Weg zwischen gewerkschaftlichem Erbsensuppeneintopf und autonomen Stahlgewittern eröffnet sich heuer in Berlin zum zweiten Mal die Option, im Rahmen der europaweiten Mayday Aktionen gezielt auf das Problem der Prekarisierung hinzuweisen und dazu noch einen angenehmen Tag zu verleben. Die bezaubernde Bernadett Hengst spielt zum Auftakt um 13:45 am Lausitzer Platz. Das sollte man keinesfalls verpassen. Wer zudem wissen will, worum es inhaltlich bei der Sache geht, sollte sich die Broschüre Hier und Jetzt – Eine Anleitung für ein schönes Leben. Schluss mit dem prekären Quatsch! (PDF, ca. 8 MB) herunterladen, die einen exklusiven FIL-Comic enthält und zeigt, dass auch linksradikale Grafiker Design können, zumal wenn sie sich ordentlich inspirieren lassen.

Am Mittwoch, den 2. Mai, geht es dann inhaltsschwer weiter bei der Podiumsdiskussion Spielstand #3 der Heinrich Böll Stiftung zum Thema Es lebe die Bohème? Neue Arbeit und kreatives Leben (20:00 Sophiensaele, Sophienstrasse 18, Eintritt: 4 Euro). Falls der Kapitalismus bis dahin noch nicht abgeschafft ist, diskutiere ich dort mit Adrienne Goehler, Melissa Logan von den Chicks On Speed und der Arbeitssoziologin Christiane Schnell über Do-it-yourself-Unternehmer, Gegenökonomien, Selbstbestimmung und Selbstausbeutung. Zur Klärung an steht insbesondere die Frage: "Wie passen Vorstellungen vom geglückten Familienleben in das Konzept einer flexiblen Existenz?" Tja, es wird vermutlich auf die Frage hinauslaufen, wie die Vorstellung vom "geglückten Familienleben" zu "allem anderen" passt.


19.02.2007 | 09:21 | Holm Friebe | - Money For Nothing

Berliner Ökonomie, Karneval

Man weiss nicht genau, ob man sich eher freuen sollte, oder ernsthaft Sorgen machen muss, wenn man erfährt, dass der Berliner Finanzsenator und Powerpoint-Afficionado Thilo Sarrazin (SPD) von seinen Mitarbeitern aus der Finanzadministration "Wir nennen es Arbeit" zum 62. Geburtstag geschenkt bekommen hat. Lieber als die neue Spiegel-Titelgeschichte über "Second Life" liest man es allemal, für die sich – theoretisch flankiert von der Kultur-Herrenriege Matussek, von Uslar und Oehmke – die frisch gebackene Spiegel-Redakteurin (von der im Editorial und in der Geschichte selbst mit einigem Besitzerstolz mehrfach betont wird, dass es sich bei ihr nunmehr um eine Spiegel-Redakteurin handelt) Rebecca Casati ins Geschehen gestürzt hat. Während Casati von ihren dilettantischen Gehversuchen berichtet, gelingt es dem Umfeld umstandslos, "Burkatragende Frauen", Günter Guillaume und Christian Klar in die Geschichte hineinzugeheimnissen – alles unter dem tagesaktuellen Rubrum, dass "Second Life" ja so etwas wie andauernder Karneval sei, und Karneval ja etwas mit Masken, Tarnung und Verstellung zu tun hätte. Von Odysseus geht es bildungsbürgerlich hubernd und assoziationskettenmassakerartig weiter über Foucaults "Gesicht im Sand", den unvermeidlichen Baudrillard bis hin zum Epilog mit Günther Anders: "SPIEGEL-Redakteurin Casati erlebte das, was der Philosoph Günther Anders in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts als 'prometheische Scham' definierte: Unsere Geschöpfe, unsere technologischen Potentiale sind uns weit voraus. Sie frustrieren uns. Sie stellen uns bloss." Vielleicht erlebte Casati aber auch einfach nur hautnah, was es heisst, im Kulturressort des Spiegel angekommen zu sein.


[1] 2 3