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Etwas Besseres als die Festanstellung finden wir allemal

Dies ist die Website und das Blog zum Buch "Wir nennen es Arbeit – die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung" von Holm Friebe und Sascha Lobo. Das Buch handelt davon, wie eine neue Klasse von Selbstständigen mit Hilfe digitaler Technologien dem alten Traum vom selbstbestimmten Arbeiten in selbstgewählten Kollektivstrukturen ein gutes Stück näher kommt. Das Blog schreibt das Buch fort, gibt Updates zu den einzelnen Kapiteln und informiert über neueste Entwicklungen und Frontverläufe im Kampf um den Individualismus 2.0.

24.10.2006 | 00:43 | Holm Friebe | - Das Prinzip Bohème | - Place Does Matter | - Die parallele Gesellschaft

Analoges GoogleEarth Mash-up

Die Macher des Moleskine-Notitzbuchs, "dem Bohème-Gegenstand schlechthin" aus Kapitel 1, haben den in Kapitel 6 beschriebenen Trend zur neuen Aufladung der Stadt durch eine zweite digitale Haut mit subjektiven Einschreibungen ("Sticky Shadows") auf ihre Weise interpretiert und in ein analoges Produkt übersetzt: die City Notebooks sind mit einem Kartenteil und einem Seitenregister für Hotels, Gastro und Shopping gepimptes Notitzbücher und laut Claim "The first Guidebook, you write yourself". Als analoges GoogleEarth Mash-up sind sie damit auf ingeniöse Weise gleichzeitig endgültige Absage ans Baedeker-Zeitalter und Beleg unserer These der fortschreitenden Individualisierung durch Selbermachen aus Kapitel 11. Quasi die Stadt als Beute im praktischen Format zum Mit-nach-Hause-Tragen. Leider gibt es die Büchlein bislang nur für die einschlägigen Metropolen, auf den Band "Erlangen" wird man wohl noch eine Weile warten müssen. Oder halt selbermachen.


13.10.2006 | 22:15 | Sascha Lobo | - Das Prinzip Bohème | - Kommunizierende Röhren | - Virtuelle Mikroökonomie | - Die parallele Gesellschaft

10 Gründe, warum jeder bloggen sollte

Im Buch "Wir nennen es Arbeit" beschäftigen wir uns über ein Kapitel mit Blogs, es heisst "Kommunizierende Röhren". Das liegt daran, dass wir Blogs für zentral in der Entwicklung der digitalen Bohème und des gesamten Internet halten. Die Gründe dafür sind beinahe deckungsgleich mit den Gründen, weshalb eigentlich jeder bloggen sollte. Ich glaube, dass in ein paar Jahren Menschen ohne Blog genauso wunderlich dastehen werden wie heute die versprengten handylosen Gesellen. Und hier die Gründe.

1) Das Internet für alle ist erst zwölf Jahre alt und nächste Generation wächst damit auf, so dass man davon ausgehen kann, dass das Netz wichtiger und noch alltäglicher wird. Nicht selbst im Netz veröffentlichen zu können wird sich dann anfühlen, wie heute nicht schreiben zu können oder stumm zu sein.

2) Auch in Zukunft werden Suchmaschinen das Tool zur Entdeckung der digitalen Welt sein. Gut, wenn man wenigstens auf einen der ersten zehn Treffer zum eigenen Namen Einfluss hat – und das geht mit einem Blog leicht. Ein Christian Schmidt hat dann natürlich ein Problem. Ausser er nennt sich Christian Y. Schmidt.

3) Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Date mit einer Person namens "Chris Mronski". Sie googeln die Person vorher und sie hat keinen einzigen Treffer. Sie existiert online nicht, sagt man heute und wundert sich. In Zukunft wird man das über Menschen sagen, die kein Blog haben.

4) Wenn man sich früher für Schach interessiert hat, ging man zum örtlichen Schachclub. Wenn man sich für Plastikstühle interessierte, war man allein. Heute schaut man sich um und findet natürlich auch ein Blog über Plastikstühle. Abgesehen davon können Sie ruhig mal "Schachblog" googeln.

5) "Früher mussten Menschen Sachbücher schreiben, um als Experte zu gelten, heute genügt ein gutes Blog." Alexander Svensson von Wortfeld hat das gesagt, bzw. aufgeschrieben (bei der Blogbefragung für "Wir nennen es Arbeit").

6) "Blogs sind die längsten Kontaktanzeigen der Welt" (Felix Schwenzel), erweitert um MC Winkels Erkenntnis: "Vorteil ist, dass man schon vorher weiss, dass der etwaige Neupartner genau die gleichen Probleme hat wie man selbst: ein vollends überzogenes Mitteilungsbedürfnis, Egomanie und Geltungsdrang." (auch Blogbefragung)

7) Es gibt von der Geburt der Zwillinge bis zur Vierten Herrenmannschaft des TSV unzählige Gründe, weshalb einer mit vielen kommuniziert. Ein Text, Fotos oder ein Filmclip, die in einer "Mail an alle" unangemessen sind und vor allem nach einem Klick verloren gehen, können die Zierde eines Blogs sein.

8) Es gibt – gerade bei Projekten und Arbeitsprozessen mit vielen Beteiligten – kein besseres System, um einen externen Wissensspeicher und eine benutzbare digitale Dokumentation zu produzieren als ein Blog.

9) Die famose Radiotheorie von Bertolt Brecht hat die theoretische Grundlage gelegt für etwas, was mit "Gegenöffentlichkeit" nur unzureichend beschrieben ist. Es geht darum, dass in der Mediendemokratie nicht nur Medien eine interessengesteuerte Stimme erheben können, sondern die Menschen selbst. Es geht darum, dass Blogs der radikalste und funktionierende Gegenentwurf zur Gleichschaltung sind. Endlich, "ich warte schon 80 Jahre", würde Brecht sagen.

10) Es macht irrsinnigen Spass.


03.10.2006 | 07:54 | Sascha Lobo | - Das Prinzip Bohème | - Bohème und Big Business | - Place Does Matter | - Die parallele Gesellschaft

Richard Florida und seine kreative Klasse

Das Buch "Rise of the Creative Class" von Richard Florida ist nicht nur Pflichtlektüre im Berliner Senat, sondern auch für "Wir nennen es Arbeit" ein wichtiger Impuls gewesen. Floridas Creative Class ist natürlich nicht deckungsgleich mit unserer digitalen Bohème, er zählt auch Ingenieure und Rechtsanwälte dazu und es ist ihm relativ gleich, ob sie festangestellt sind oder nicht – aber die digitale Bohème ist sicher Teil und Taktgeber der kreativen Klasse. Seit einiger Zeit hat die etwas grossspurig benannte "Richard Florida Creativity Group" auch ein Blog, in dem derzeit nicht so viel Interessantes passiert, weil es doch beinahe ausschliesslich auf die USA bezogen ist und etwas arg wissenschafts- und konferenzlastig daherkommt. Wenn brandneue Erkenntnisse über die kreative Klasse verbloggt werden, berichten wir an dieser Stelle.


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