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Etwas Besseres als die Festanstellung finden wir allemal

Dies ist die Website und das Blog zum Buch "Wir nennen es Arbeit – die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung" von Holm Friebe und Sascha Lobo. Das Buch handelt davon, wie eine neue Klasse von Selbstständigen mit Hilfe digitaler Technologien dem alten Traum vom selbstbestimmten Arbeiten in selbstgewählten Kollektivstrukturen ein gutes Stück näher kommt. Das Blog schreibt das Buch fort, gibt Updates zu den einzelnen Kapiteln und informiert über neueste Entwicklungen und Frontverläufe im Kampf um den Individualismus 2.0.

25.01.2007 | 13:13 | Holm Friebe | - Das Prinzip Bohème

Brave neue Welt

Nachdem wir hier wochenlang zemlich monothematisch die Rezeption unseres eigenen Buches abgefeiert haben, ist es an der Zeit, auch mal ein anderes zu loben, nämlich "Die neuen Spiesser – Von der fatalen Sehnsucht nach einer überholten Gesellschaft" von Christian Rickens. Was der populär angespitzte Titel mehr verbirgt als verspricht, löst das Buch inhaltlich vollumfänglich ein: eine fundierte Abrechnung mit den exponierten Vertretern der "neuen Bürgerlichkeit" von Peter Hahne über Paul Nolte, Udo Di Fabio, Herwig Birg bis Frank Schirrmacher. Dabei besteht das grosse Verdienst des Manager-Magazin-Autoren darin, sich nicht an Einzelpositionen abzuarbeiten, sondern stimmig in der Gesamtschau nachzuzeichnen, wie über die unterschiedlichen Stationen demographische Panikmache, latente Ausländerfeindlichkeit, angeblichen Werteverfall, angeblichen Ökowahn, die vermeintlich naturwüchsige Rolle von Frauen, Familie und Nation etc. ein allgemeines Backlash-Klima in der Politik vorbereitet wurde, das es heute ermöglicht, reaktionäre Partikularinteressen als anthropologische Notwendigkeiten auszugeben. Das alles ist schön sauber argumentiert und unterhaltsam arrangiert.

Wo wir die neue Bürgerlichkeit etwas beiläufig als Chimäre kulturkonservativer Feuilletonredakteure abtun, leistet Rickens profunde Basisarbeit und liefert damit das Buch, das wir eigentlich als nächstes hätten schreiben wollen. Passenderweise hat Amazon-Rezensent John Rock die innere Verbindung und Komplementarität beider Bücher sofort erkannt und seine schmucke Kaufempfehlung unter den Titel "Wir nennen es lesenswert!" gestellt. Dem können wir uns nur anschliessen.

P.S.: Schwer zu sagen, ob es bereits ein erster zählbarer Erfolg von Rickens ist, dass Matthias Matussek, der im Buch durchaus sein Fett weg kriegt, kürzlich seinen Ausstieg aus der neuen Bürgerlichkeit erklärte – nur um sich anschliessend als Royalist zu outen. Aber immerhin.


02.01.2007 | 12:40 | Holm Friebe | - Das Prinzip Bohème

Digitale Bohème im Duden

Naja, noch nicht ganz, dafür hat sie es aber ins "Lexikon des Jahres 2006" des SZ-Magazins (29.12.2006) geschafft. Gewohnt nüchtern wird dort vermerkt:

"... Das im November dieses Jahres bei Heyne erschienene Manifest trägt den Untertitel 'die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung' und vertritt die These, dass durch die Online-Vernetzung eine freiberufliche Tätigkeit in wechselnden Projekten, Blogs (--> Lexikon 2004), Künstlernetzwerken etc. erheblich einfacher geworden und einem abhängigen Angestelltenverhältnis vorzuziehen sei. Anders als bei der traditionellen Bohème sei über das Internet ein grösseres Publikum erreichbar und gute Ideen damit auch schneller finanziell rentabel. ..."

So sieht's mal aus. Und auch 2007 verspricht, ein gutes Jahr für die digitale Bohème zu werden. Wir unsererseits werden uns nicht auf irgendwelchen vermeintlichen Lorbeeren ausruhen, sondern weiter daran arbeiten, "die eigenen Existenzbedingungen zukunftssicher zu machen, politisch zu flankieren und abzusichern", wie es im Schlussabsatz des Buches heisst. Dazu planen wir ein grösseres Festival Anfang Mai 2007 in Berlin. Näheres dazu wird unter anderem auch hier bekannt gegeben. Wer Interesse daran hat, etwas beizusteuern oder so etwas mitgestalten, möge sich aber vorsorglich jetzt schon mal mit uns in Verbindung setzen.

Allen Lesern, die das alles erst möglich gemacht haben, ein grosses Dankeschön, immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und ein gutes Jahr 2007!


22.11.2006 | 13:19 | Holm Friebe | - Das Prinzip Bohème

Digitale Bohème bei Christiansen et al.

Am kommenden Sonntag werde ich als digitaler Bohèmien zusammen mit Jörg Schöhnbom und Mutter Beimer in der Sendung von Sabine Christiansen zum Thema "Der Amoklauf von Emsdetten – haben wir alle versagt?" diskutieren. Quatsch. War nur ein Witz. Aber kein schlechter. Ausgedacht hat ihn sich die Taz von heute. Und obwohl wir natürlich nicht in der Sendung sein werden, findet sich unsere Position mit "Du bist gefragt, Kumpel" doch ganz angemessen widergespiegelt. Zur Erläuterung: Mag sein, dass es einen Korrelation zwischen Ego-Shooter-Spielen und Amokläufen gibt, ähnlich wie es einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Störche und der sinkenden Geburtenrate gibt. Gut möglich, dass Jugendliche, die so fertig sind, dass sie ihre Mitschüler niedermetzeln, auch einen Crush für Ballerspiele haben. Damit ist jedoch nichts über die Kausalität ausgesagt. Nur so viel dazu.

Weiter im Text: Die Jungle World widmet dem Spannungsfeld Prekariat und digitale Bohème ihre Titelgeschichte mit der schönen Zeile "Mein Job bin ich", sieht das Thema naturgemäss etwas kritischer, gibt uns aber Gelegenheit, im Streitgespräch mit Anton Landgraf die gröbsten Missverständnisse auszuräumen. (Bei der Gelegenheit möchten wirich dazu aufrufen, die Jungle World zu unterstützen, indem man sie aboniert. Denn diesmal gilt wirklich: "Es geht um alles!" Kein Spruch, auch wenn er von uns ausgedacht wurde. Wir finden es wichtig, dass es auch weiterhin eine linke und unabhängige Wochenzeitung auf Papier gibt, gerade weil sie bis heute ihre lesenswerten Inhalte auch gratis und im Volltext ins Netz stellt.)

In der kommenden Konkret macht es sich Tina Klopp etwas einfacher, indem sie einfach den Gewerkschaftsstandpunkt von vor 15 Jahren bezieht: "Unfreiwillig arbeiten die Autoren damit jedoch dem neoliberalen Gesellschaftsentwürfen derer in die Hände, von denen sie sich ursprünglich befreien wollten. Denn die Auftraggeber aus Verlagen und Unternehmen freuen sich am meisten über Mitarbeiter, die rund um die Uhr zur Selbstausbeutung bereitstehen." Offensichtlich müssen wir noch deutlicher werden, dass es genau darum nicht geht.

Skeptisch bleiben auch Allain Bieber und Gunnar Lützow in der Max vom Dezember, indem sie nach umfangreichen Recherchen im Cafè Obeholz zu dem Schluss kommen, dass das Ganze oft nur mit dem "Airbag Eltern" funktioniert. Vielleicht sollte man dort mal nicht nur die Studenten interviewen. Immerhin stellen sie dem Artikel fünf Portraits beiseite, die in der Zusammenschau eine hübsch ausgewogene Empirie dessen liefern, was wir nicht zuletzt als utopischen Vektor beschreiben. So geht's doch.

Was noch? Für die Zeitung des Bundestages Das Parlament hat uns Johanna Metz ausführlich interviewt. Wir haben uns bemüht, möglichst staatstragend zu wirken. Leider ist uns das nur in Ansätzen gelungen. Ach so: Und heute Abend ab 19 Uhr werde ich zu Gast in der Sendung Resonanzen auf WDR 3 sein. Worum es darin allerdings nicht gehen wird, ist der Amoklauf von Emsdetten.


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