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Etwas Besseres als die Festanstellung finden wir allemal

Dies ist die Website und das Blog zum Buch "Wir nennen es Arbeit – die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung" von Holm Friebe und Sascha Lobo. Das Buch handelt davon, wie eine neue Klasse von Selbstständigen mit Hilfe digitaler Technologien dem alten Traum vom selbstbestimmten Arbeiten in selbstgewählten Kollektivstrukturen ein gutes Stück näher kommt. Das Blog schreibt das Buch fort, gibt Updates zu den einzelnen Kapiteln und informiert über neueste Entwicklungen und Frontverläufe im Kampf um den Individualismus 2.0.

10.12.2006 | 20:30 | Sascha Lobo | - Die Währung Respekt

FAZ am Freitag

Zwei Tage her, da erschien die Literaturbeilage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Den Aufmacher hat Eberhard Rathgeb geschrieben, der Titel ist "Sie nennen es Arbeit" und handelt von unserem Buch.

"Am besten man verschenkt das Buch zu Weihnachten an die jungen Leute rund um einen herum, die noch nicht wissen, was sie später werden wollen, aber mitbekommen haben, dass alle Bürostühle schon besetzt sind und es sehr langweilig sein kann, sich davor in einer Warteschlange anzustellen."

Ein schöner Artikel, nicht nur, weil er einge gewisse Begeisterung transportiert, sondern auch, weil er eine liebevolle Art der Kritik in Klammern verpackt; eine, bei der man sich ertappt fühlt, aber es ist nicht schlimm. Eine Rezension dieser Rezension hat liebenswürdigerweise Felix Schwenzel auf wirres.net geschrieben.

Währenddessen braucht der "Freitag" vom Freitag ganze zwei lange Riemen, um uns und – völlig unschuldigerweise auch noch – Kathrin Passig Dinge nachzuweisen, die wir nie behauptet haben, und überhaupt alles irgendwie durcheinander zu bringen. Vielleicht täte da selbst mal ein bisschen vorweihnachtliche "Autodemontage" ganz gut.


20.11.2006 | 18:06 | Sascha Lobo | - Die Währung Respekt | - Bohème und Big Business

100 Wichtige


Äussere Zerrissenheit
Wer auf das Cover der aktuellen Neon schaut, dem blickt ein wohlfrisierter Blogger, Autor und Agenturdings entgegen: Holm Friebe nämlich, mein Lieblings-Coautor. Abgesehen davon, dass der Heisskleber des aufgepappten Werbeheftchens ("Achtung Weihnachten!", Inhalt: ja, genau.) Holms Gesicht in der Regel beim ablösen zerreisst, ist das natürlich toll. Er wurde nämlich genau wie Mitbloggerin Kathrin Passig von der Neon-Redaktion zu zwei der "100 wichtigsten jungen Deutschen" gekürt. Die beiden lassen die Gelegenheit nicht aus, um angesichts aktueller Soft-Prominenz und damit verbundener Selbstüberschätzung endlich alte Fehden öffentlich auszufechten.

Holm diktierte der Neon in seine Kurzvorstellung: "Nur seine erfolgreiche Mitagentin Kathrin Passig (siehe Literatur) findet er 'leider völlig überschätzt'." Ingeborg-Bachmeier-Gewinnerin Passig revanchiert sich mit einem Rund-Um-Urinstrahl: "Ihre Nennung in dieser Liste findet Passig vollkommen okay. Nur: 'Was haben eigentlich die 99 anderen in der Liste zu suchen – und was vor allem Holm Friebe?'"


14.11.2006 | 17:09 | Sascha Lobo | - Das Prinzip Bohème | - Die Währung Respekt | - Bohème und Big Business

Digital Bohemian Lifestyle – Station Rose


This is Digital Bohemian Lifestyle
Für die Suche des Titels für unser Buch haben wir Anfang diesen Jahres mehr als zwei Monate verwendet. Dabei sind wir auch in abenteuerliche Untiefen geraten, etwa im Februar waren wir Feuer und Flamme, das Buch "Die Weber" zu nennen, mit Bezug ebenso auf den Aufstand der Weber wie auf das Web. "Die Weber 2.0", um Gottes Willen, zum Glück hat irgendjemand ein energisches Veto eingelegt. Besonders lag uns dabei die Bezeichnung für die Menschen am Herzen, die wir beschreiben wollten – immerhin wollten wir auch ein Identifikationsbuch schreiben, in dem man sich wiederfinden kann und dazu braucht man erfahrungsgemäss einen Namen. Der Bestandteil Bohème stand dabei von Anfang an fest, vor allem wegen der kollektiven Arbeitsstrukturen der Bohème seit jeher, um die es uns ging. Der Begriff für diese Personen wechselte bei uns ebenfalls täglich, fing an als "Neue Bohème", was uns zu laff war, und erreichte wiederum abseitige Wurstigkeit mit den "ViBs", was gleichzeitig für "virtuelle Bohème" und "Vitamin B" stehen sollte. Nun ja. Schliesslich fiel uns das Naheliegendste ein: digitale Bohème. Der Begriff schlug nicht gleich ein, aber hatte als einziger einen beständigen Charme und konnte sich schliesslich bei uns durchsetzen. Ich googelte den Begriff "digitale Bohème" und fand keine substanziellen Treffer. So weit, so gut, so bekannt.

Auch wenn wir überall auf die Einzelzutaten stiessen: Was wir nicht genau genug recherchierten, war die wörtliche englische Entsprechung. Sonst wären wir vermutlich über einige Umwege auf den "Digital Bohemian Lifestyle" gestossen, geprägt im Umfeld der Mutter aller Internet-Communities ("The Well"), von Elisa Rose und Gary Danner entwickelt, dem Künstlerduo Station Rose. Julian Dibbell, den wir im Buch zu einem anderen Thema zitieren, nennt den Begriff "Digital Bohemia" sogar in einem Text von 1993 und bezieht sich dabei auf The Well. Inzwischen – etwa seit Anfang des Jahrtausends – taucht vor allem im US-amerikanischen Internet auch die explizite Zusammenziehung "Digital Bohemia" sporadisch auf, mal mit, mal ohne Verweis auf the Well; im Buch "Neo-Bohemia: Art and Commerce In Postindustrial Chicago" von Dezember 2005 lautet sogar eine Kapitelüberschrift "The Digital Bohemia". Der Begriff liegt und lag also vermutlich in der Luft.
Gut möglich, dass Rose and Gary es waren, die etwas Ähnliches erstmals geprägt haben.

Deshalb möchte ich sie, ihren Ideen und ihren Begriff des "Digital Bohemian Lifestyle" hier vorstellen – wenn sie ihn auch anders verstehen als wir. In The Well gibt es ein Interview mit Rose und Gary, in dem sie sehr schön erklären, worauf es ihnen ankommt.

Trotz der unterschiedlichen Ausrichtung ist eines sehr interessant und bestätigt unsere Auffassung: Das, was vor gut zehn Jahren eine künstlerische Elite beschäftigt und ausgezeichnet hat, hat nun eine breite gesellschaftliche Relevanz bekommen – das Aufeinandertreffen der digitalen Welt und die wirtschaftliche Nutzung der eigenen Kreativität. Um Rose und Gary im Sinne des Netzwerks und der Währung Respekt die ihnen gebührenden Credits einzuräumen, möchte ich hier auf die interessanten und vielfältigen Werke von Station Rose hinweisen:

Das Buch ://on Demand, jüngst erschienen im Revolver Verlag, passend dazu im Sinne der ganzheitlichen Kreativität eine EP mit Musik drauf. Und schliesslich noch das Buch "1st decade" von 1998, in dem der "Digital Bohemian Lifestyle" ab Seite 121 vorgestellt wird. Im Sinne des Web 2.0 darf natürlich weder MySpace noch das Video eines Auftritts auf YouTube fehlen.


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